„Als Persönlichkeit wird man nicht geboren, zur Persönlichkeit wird man.“ (Simon 2006, 17)

Sieht man im Menschen ein selbstbewusstes und selbstbestimmtes Wesen, das jederzeit zur Entwicklung seiner Fähigkeiten in der Lage ist, so muss man davon ausgehen, dass er sich und seine Persönlichkeit stetig entwickeln kann. Eine bestimmende Dominante für diesen menschlichen Reifungsprozess ist die jeweilige Umwelt, bzw. die Kontexte, in denen ein Mensch agiert.

Zwei Aspekte sind in diesem Zusammenhang wichtig:

  1. Persönlichkeit entfaltet sich im Zusammenspiel von kognitiven, emotionalen und motivationalen Prozessen. Also in der Weise, wie ein Mensch das Wissen über die Außen- und Innenwelt (z.B. Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Denken) aufnehmen und verarbeiten kann, in welcher Art und Weise er sich selbstregulieren kann, Herausforderungen anzunehmen und wie stark er vermag, sich dazu zu motivieren, diese überhaupt anzunehmen und bis zum Ende durchzuhalten.
  2. Persönlichkeit drückt sich auf eine bestimmte Art und Weise aus, in der sich Menschen in Situationen mehr oder weniger angemessen verhalten. Die Persönlichkeitspsychologie unterscheidet mittlerweile fünf dominante Faktoren, die sogenannten New Big Five von McAdams und Pals:
    1. Evolution und menschliche Natur: die biologischen Wurzeln einer Person als Produkt der menschlichen Evolution in denen sie sich mit allen anderen gleicht.
    2. Eigenschaften (traits): Wenige aber dafür breite Eigenschaftsdimensionen eines Menschen führen zu individuellen Unterschieden.
    3. Charakteristische Adaptionen: Diese werden weiter individualisiert durch spezifische Motive, Werte, Ziele, Pläne, Bestrebungen, Strategien etc.
    4. Lebenserzählung: Die Art und Weise, wie Menschen Identität und Bedeutung innerhalb einer eigenen Lebenserzählung konstruieren, schaffen Persönlichkeit und führen zu Abgrenzung.
    5. Kultur: Schließlich unterscheiden sich Menschen voneinander durch die spezifische Kultur, von der sie geprägt wurden und in der sie leben.

Von diesen Perspektiven aus betrachtet, handelt es sich bei der Entwicklung von Persönlichkeit um eine permanente kontextgemäße Anpassung individueller Fähigkeiten an eine sich permanent verändernde Umwelt. Die Entwicklung von Persönlichkeit ist somit immer auch eine Folgeerscheinung von Veränderungsprozessen und kann entweder reaktiv oder proaktiv erfolgen. Erfolgt sie reaktiv, so passt ein Mensch sein Verhalten in ungewohnten Situationen an, was bei starken Transformationsprozessen häufig der Fall ist. Proaktiv erfolgt sie, wenn ein Mensch seine Persönlichkeitseigenschaften bewusst auf Zielklarheit, Rollenklarheit und ein situationsangemessenes Verhalten hin so entwickelt, dass die Wahrscheinlichkeit zunimmt, in zukünftigen Situationen reifer und souveräner zu agieren. Die Umwelt eines Menschen ist somit eine bestimmende Dominante in diesem menschlichen Reifungsprozess.

SPRACHKULTUR unterstützt Menschen bei der proaktiven Entwicklung von intra- und interpersonalen Kompetenzen situations-, zielgruppen-, und intentionsadäquat leben zu können. Im Sinne des per-sonare, erleben wir Menschen dann als „Persönlichkeit“ und als charismatisch, wenn wir mit ihnen im Kontakt sein können, wenn wir verstehen, was sie sagen, wenn sie lebendig und im Kontakt mit sich selbst erscheinen – wenn sie wirksam sein können.

Dies ist ein lebenslanger Prozess bei dem wir Menschen und Organisationen begleiten. Wir gehen dabei von einigen Vorannahmen aus:

  • Menschen wollen sich weiterentwickeln, wenn dies in einem ermutigenden Rahmen geschieht.
  • Menschen wollen einander auf Augenhöhe begegnen.
  • Menschen wollen ihre Ressourcen und Stärken besser kennenlernen.

Dies sind die Voraussetzungen, die Persönlichkeitsentwicklung als einen lebenslangen dynamischen Prozess begünstigen. Unser Blick richtet sich auf den Zusammenhang von Rollen, Werten und Verhalten. Je besser hier die Passung zwischen innerer und äußerer Realität gelingt, desto besser, reifer und souveräner erscheint die Persönlichkeit eines Menschen. Denn letztlich zielt die individuelle Reifung einer Persönlichkeit auf die Bildung von Handlungskompetenz ab, also die Fähigkeit, Herausforderungen in Berufs- und Lebenssituationen zielorientiert zu lösen.

Literatur

Rudolf Dreikurs (1995): Selbstbewusst. Die Psychologie eines Lebensgefühls. München.

Carl Gustav Jung (2010): Typologie. 10. Aufl. München.

Julius Kuhl (2010): Lehrbuch der Persönlichkeitspsychologie. Motivation, Emotion und Selbststeuerung. Göttingen u. a.

Dan P. McAdams and Jennifer L. Pals (2006): A New Big Five. Fundamental Principles for an Integrative Science of Personality. In: American Psychologist 4 (2006); S. 204-217.

Robert R. McCrae/ Pail T. Costa, Jr. (1987): Validation of the five-factor model of personality across instruments and observers. In: Journal of Personality and Social Psychology, 52 (1987), S. 81-90.

Carl R. Rogers (2014): Entwicklung der Persönlichkeit. Stuttgart.

Walter Simon (Hrsg.) (2006): Persönlichkeitsmodelle und Persönlichkeitstests. 15 Persönlichkeitsmodelle für Personalauswahl, Persönlichkeitsentwicklung, Training und Coaching. Offenbach.