Carl Rogers wurde 1902 in Oak Park, Illinois in ein strenggläubiges protestantisches Elternhaus geboren. Bis zum Beginn des Colleges hatte er kaum Freundschaften außerhalb der Familie. Carl Rogers begann Agrarwissenschaften zu studieren. Nachdem er 1924 seine Kinderliebe Helen Elliot heiratete, schrieb er sich für Theologie ein und wechselte wenig später zur Psychologie. Rogers entwickelte während seiner Lehrtätigkeit an den Universitäten von Ohio, Chicago und Wisconsin das Konzept der klientenzentrierten Therapie. Eine Revolution in Zeiten, in denen der direkte Kontakt zum Klienten eher verpönt war. Rogers arbeitete nach dem Zweiten Weltkrieg mit zahlreichen zurückgekehrten Soldaten. Die American Humanist Association ehrte ihn 1964 als „Humanist des Jahres“. Rogers widmete sich in seinen letzten Lebensjahren der internationalen Friedensarbeit. 1987, in seinem Todesjahr, wurde er für den Friedensnobelpreis nominiert.

„Was ich im nächsten Moment sein werde und was ich tun werde, wächst aus diesem Augenblick und kann weder von mir noch von anderen vorausgesagt werden.“

(Carl Rogers)

Für Rogers sind Erfahrung, Psyche und Umwelt etwas Lebendiges und stetig sich Entwickelndes, Wachsendes. Er verwarf die in der Psychoanalyse und dem Behaviorismus anerkannten mechanistischen Thesen von der „defekten“ Psyche, die „repariert“ werden müssten. Sein Menschenbild basiert vielmehr auf einem fortlaufenden Prozess „organischen Erlebens“, während dessen sich das Leben wieder und wieder unmittelbar ereignet – in der Erfahrung jedes einzelnen Moments.

Gesunde Selbstkonzepte gehen demnach nicht von der Vorstellung einer festen Identität aus, sondern sind fließend, nach allen Richtungen und Möglichkeiten hin offen und verändern sich permanent. Rogers versteht Leben als stetigen Entwicklungsprozess, der erst mit dem Tod aufhört. Tatsächlich lehnt er die Vorstellung, das Leben müsse sich auf ein Ziel hin fortentwickeln ab, da nach seiner Auffassung so etwas wie der Endpunkt einer Reise nicht bestimmbar ist. Eng verbunden mit diesem Lebenskonzept ist die Überzeugung, dass der Mensch, um sich frei entwickeln zu können, irgendwann den Mut aufbringen muss, sich auf sich selbst zu verlassen.

So wichtig es beispielsweise für ein Kind, das Fahrradfahren lernen will, ist, anfangs Anerkennung und Unterstützung von anderen zu erfahren, so wichtig ist es auch, dass es bald den Mut aufbringt, alleine zu fahren und sich auf sich selbst zu verlassen. Dieses Beispiel beschreibt Rogers Grundhaltung beim personenzentrierten Ansatz: Den Menschen dabei zu unterstützen, sich selbst zu entwickeln und sich auf sich selbst verlassen zu können. Gemäß seiner Devise: „Das gute Leben ist ein Prozess, kein Daseinszustand.“ (Carl Rogers)

Kontext bei SPRACHKULTUR:

  • In Anlehnung an Rogers personenzentrierten, humanistischen Ansatz verstehen auch wir uns bei SPRACHKULTUR als „Spurensucher“, als erfahrene Praktiker, die Menschen und Organisationen „Gefäße“ – z.B. in Form von Fragen – bieten, damit diese Ihr Innerstes umsetzen können und (wieder) handlungsfähig werden.
  • Bei SPRACHKULTUR teilen wir die Bedeutung des „Zuhörens“, die für die klienten- bzw. personenzentrierte Arbeitsweise Rogers essentiell war. Doch gehen wir noch einen Schritt weiter: Wir bleiben nicht im Konstruktionsprinzip des Klienten stehen – also dabei, wie der Mensch sein Erleben aus der Interpretation seiner Erfahrungen konstruiert. Wir führen Menschen auch an die Grenzen ihres Denkens, um sich besser erkennen und selbstorganisiert hinterfragen zu können. Für uns sind diese Grenzen die Schwellen zur jeweils nächsten Stufe des Wachstums.
  • Grundlage für all unser Wirken ist eine absolut humanistische Grundhaltung.

Literatur

Carl Rogers (1994): Die nicht-direktive Beratung. Frankfurt am Main.

Carl Rogers (1993): Die klient-bezogene Gesprächstherapie. München.

Carl Rogers (2002): Entwicklung der Persönlichkeit. Psychotherapie aus der Sicht eines Therapeuten. 14., um ein Vorwort erw. Aufl. Stuttgart.