Der Elefant oder die dünnen Fesseln der Gewohnheit

Einem Dompteur gelingt es, einen Elefanten mit einem ganz einfachen Trick zu beherrschen: Er bindet das Elefantenkind mit einem Fuß an einen großen Baumstamm. Sosehr es sich auch wehrt, es kann sich nicht befreien. Ganz allmählich gewöhnt es sich daran, dass der Baumstamm stärker ist als es selbst.

Wenn der Elefant erwachsen ist und ungeheure Kräfte besitzt, braucht man nur eine Schnur an seinem Bein zu befestigen und ihn an einen Zweig anzubinden, und er wird nicht versuchen, sich zu befreien. Denn er erinnert sich daran, dass er diesen Versuch unzählige Male vergebens unternommen hat.

Wie bei den Elefanten stecken auch unsere Füße nur in einer dünnen Schlinge. Doch da wir von Kindesbeinen an die Macht jenes Baumstammes gewohnt sind, wagen wir nicht, uns zu wehren. Und vergessen darüber, dass es nur einer einfachen mutigen Tat bedarf, um unsere Freiheit zu erlangen.

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aus Paulo Coelho „Der Wanderer – Geschichten und Gedanken“ erschienen bei Diogenes

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In diesem Sinne: Mehr mutige Taten in 2023, um noch Ungeahntes möglich zu machen – wünscht Ihnen das SPRACHKULTUR-Team