Virginia Satir wurde am 29. Juni 1916 in Neillsville, Wisconsin geboren. Aufgrund einer Krankheit war sie zwei Jahre lang gehörlos. Während dieser Zeit entwickelte sie sich zu einer aufmerksamen Beobachterin zwischenmenschlichen Verhaltens.
Satir war zunächst Lehrerin und engagierte sich nebenbei in der Eltern-Kind-Beratung. Aufgrund ihres Interesses an familientherapeutischen Fragen studierte sie nebenbei noch Soziale Arbeit.

Bei ihrer Arbeit mit schizophrenen Patienten kam Satir die Erkenntnis, nicht Einzelpersonen, sondern ganze Familien zu therapieren, was mit der (bis heute noch gültigen) Klienten-Therapeuten-Beziehung brach. Der familientherapeutische Zugriff verschaffte den betroffenen Menschen die Möglichkeit, im Rahmen sogenannter Familienkonstruktionen generationenübergreifende Muster und Verhaltensweisen sichtbar zu machen.

1959 wurde Virginia Satir zum Gründungsmitglied des berühmten Mental Research Institutes in Palo Alto bei Stanford (USA) und mit der Leitung der Ausbildungsabteilung betraut. Dort entwickelte sie das erste formale familientherapeutische Ausbildungsprogramm der USA.

Sie starb am 10. September 1988.

Heute spielt Virginia Satirs Arbeit als „Satir-Modell“ eine bedeutende Rolle in der Persönlichkeits- und Organisationspsychologie. Viele Ansätze in der Organisationsentwicklung gehen auf familientherapheutische Erkenntnisse zurück. Sie gilt heute als eine der bedeutendsten Familientherapeutinnen überhaupt.

„Wenn ich weiß, wie die Familie zu heilen ist, weiß ich, wie die Welt zu heilen ist“
(Virginia Satir)

Satirs therapeutischer Ansatz basiert auf dem Selbstwert einer Person. Er ist der Schlüssel für alle Phänomene seines geistigen und sozialen Lebens. Eine Person, die gelernt hat, sich wertzuschätzen, ist in der Lage kongruent und klar zu kommunizieren. Wenn sie im Gegensatz dazu jedoch ihre Gefühle nicht offen und wertschätzend zum Ausdruck bringen kann, nimmt sie insbesondere unter Stress und Herausforderungen bestimmte Rollen ein, die sie nicht authentisch agieren und kommunizieren lassen.

Virginia Satir hat vier Rollenmuster beschrieben, die in Familienkonstellationen immer wieder sichtbar werden: den „Ankläger“, der an allem herumkrittelt, den „Rationalisierer“, der den unbeteiligten Intellektuellen spielt, den „Ablenker“, der Aufruhr verursacht, um von emotionalen Problemen abzulenken, und den „Beschwichtiger“, der eine entschuldigende Haltung einnimmt, um nicht negativ aufzufallen. Nur in der fünften Rolle, der des offenen, ehrlichen, direkten Kommunikators, bewahrt sich die Person eine gesunde, kongruente Haltung. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass Gefühle und Kommunikationsverhalten zueinander passen.

Positive emotionale Bindungen waren für Satir entscheidend. Im Sinn der Humanistischen Psychologie vertrat sie die Ansicht, dass Liebe und Akzeptanz die mächtigsten Heilkräfte in jeder Familie seien. Dabei ging sie mit einer engen, mitfühlenden Beziehung zu ihren Patienten mit gutem Beispiel voraus. Virginia Satir zeigte den Menschen, die mit ihr arbeiteten, ihre Möglichkeiten auf, ihr Potenzial nutzen zu können. Sie verhalf ihnen dabei zu wachsen und liebevolle, mitfühlende Beziehungen mit ihren Mitmenschen einzugehen:

„Ich glaube daran, dass das größte Geschenk, das ich von jemandem empfangen kann, ist, verstanden und berührt zu werden. Das größte Geschenk, das ich geben kann, ist, den andren zu sehen, zu hören, zu verstehen und zu berühren. Wenn dies geschieht, entsteht Beziehung.“
(Virginia Satir)

Indem sie selbst enge, mitfühlende Beziehungen zu ihren Patienten pflegte, ging sie ihnen mit gutem Beispiel voran.

Die Bedeutung Virginia Satirs für unsere tägliche Arbeit bei SPRACHKULTUR:

  • Menschen und Organisationen mit Mitgefühl zu begegnen und „Pacing“ nicht als Tool sondern als Haltung zu verstehen – da ist Virginia Satir unser großes Vorbild…
  • Menschen und Organisationen im Kontext und als Symptomträger zu betrachten, ist ebenfalls ein Grundprinzip
  • Menschen, die miteinander wirken und Probleme teilen, tragen die Lösungen bereits in sich.
  • Wir nutzen viele hilfreiche Modelle und Maßnahmen aus dem reichen Schatz Virginia Satirs, um diese Lösungen zu Bewusstsein zu bringen.

Literatur

Virginia Satir (1994): Familienbehandlung. 9. unveränd. Aufl. Freiburg im Breisgau.

Virginia Satir (2007): Selbstwert und Kommunikation. 18. Aufl. Stuttgart.